Den "Ploimi" ausgegraben

Grabungen am Holzweg


Bereits im Sommer 2016 wurden im ausgewiesenen Neubaugebiet Holzweg erste Sondierungsgrabungen vorgenommen, die Funde aus der Jungsteinzeit und der Hallstattzeit zu Tage brachten. Ende 2016 wurde dann das Areal einem geomagnetischen Feldscan unterzogen, um Anhaltspunkte für zukünftige Grabungen zu erhalten.

Im Oktober 2017 stand dann ein Baucontainer und eine mobile Toilette gegenüber dem Neuen Friedhof, der Markt Großostheim heuerte einen Bagger samt Fahrer von der Firma Giegerich in Mömlingen an und das Grabungsbüro Pross aus Bamberg nahm seine Arbeit auf.

Mit Hilfe des Baggers wurde der Mutterboden beginnend vom Roten Rain in Richtung Friedhof abgezogen und der Boden in lange Planungsparzellen eingeteilt. Zentimeterweis trug dann der Bagger die Bodenschichten ab, immer vom Grabungsleiter Andreas Pross und seiner rechten Hand Phil Burgdorf beobachtet, ob sich irgendwo Bodenverfärbungen zeigen. Diese Bodenverfärbungen wurden dann per Spaten oder Kelle weiter sondiert und so nach und nach die ersten Funde in Form von Mahlsteinen und Keramikfragmenten gemacht. Bei schlechtem Wetter und über Nacht wurden die Grabungsabschnitte dann mit einem Bauzaun oder einer Zeltplane gesichert.

Die an den Grabungsarbeiten öfters mal wechselnden Helfer, waren zumeist Studenten aus den unterschiedlichsten Fakultäten oder Bekannte des Grabungsleiters aus Bamberg, da nur sehr schwer Mitarbeiter für Ausgrabungen, die ja bei Wind und Wetter stattfinden, zu gewinnen sind. Weil das Team nur an den Wochenenden nach Hause fuhr, hatten sie sich für die Arbeitswoche ein Ferienhaus in Ringheim angemietet.

Gegen Ende der Grabungskampagne halfen dann auch einige einheimische Jungs mit, die mit dem Fahrrad anreisen konnten. Unter anderem lernten sie wie man ein Planungsabschnitt putzt, d.h. die Wände und den Boden des Planungsquadranten mittels Kelle, Handhacke oder Spaten sauber glättet, so dass man im anschließend die verschiedenen Bodenschichten erkennen und dokumentieren kann.

Überhaupt machte das Einmessen, Zeichnen und Fotografieren der Befunde einen ziemlich großen Teil der archäologischen Tätigkeiten aus, da heutzutage die gröbsten Erdarbeiten von Maschinen übernommen werden können.

Nachdem der obere, nördliche Teil des Areals durchsucht worden war und der Baggerfahrer wieder alles verfüllt und planiert hatte, wurde der südliche Teil des zukünftigen Baugebiets in Angriff genommen.

Auch hier wurden wieder mehrere Planungsabschnitte nebeneinander angelegt und teilweise wieder parallel darin gearbeitet, so dass man dem Tierknochenfund (mutmaßliches Schaf) am südwestlichen Ende erst keine größere Aufmerksamkeit schenkte. Als die Knochen dann im Februar schließlich freigelegt werden sollten, stieß man unter ihnen auf einige größere Exemplare, die nicht dazu passen wollten und sich schließlich als menschliche Oberschenkelknochen entpuppten.

Nun begann eine mühevolle Kleinarbeit, weil das menschliche Skelett nicht ausgestreckt, sondern ziemlich zusammengekrümmt und verdreht da lag. Bevor man also die nächste darunter liegende Knochenschicht freilegen konnte, musste man die obere erst genau einmessen, zeichnen und fotografieren, um später eine genaue 3-D-Version des Fundes zu erhalten.

Da bei den Skelettfund keinerlei Beigaben auf zu finden waren, die eine zeitliche Einordnung  des Ablebens ermöglichten, wurde über eine C-14-Analyse der Knochen nachgedacht und unser Vereinsvorstand kontaktierte mehrere Ämter und Behörden, bis er die Kostenübernahme der Radio-Carbon-Datierung zugesagt bekam. Also musste der „Ploimi“, wie das Skelett mittlerweile genannt wird, noch etwas Knochensubstanz abgeben, um sein Alter bestimmen zu lassen.

Im Hochsommer wurden dann auch noch in einem entgegengesetzten Grabungsabschnitt ziemlich fragile Kinderknochen („Keltenkind“) unter einem gut erhaltenen Hallstattgefäß freigelegt, die alle samt in 2 Gefrierbeutel Platz hatten.

In den verschiedensten Planungsquadranten kamen immer wieder Tierknochen, Steinwerkzeuge und Keramikfragmente, ab und an auch „komplette“ Gefäße und Holzkohlereste an die Oberfläche, nur keine erwarteten Spuren von Pfostenlöchern, die den Nachweis eines Hauses oder einer kleinen Siedlung erbringen würden.

Die Funde (immer gleich in Tüten verpackt, datiert und mit der Plan-Nummer versehen) sollen schließlich nach ihrer Säuberung und Auswertung in Bamberg zurück an den Markt Großostheim gehen und dort in der ehemaligen Knabenschule eingelagert werden.

Insgesamt zogen sich die Grabungsarbeiten bis in die 32. Kalenderwoche bis Anfang August 2018 hin, also gut ein dreiviertel Jahr. Jetzt heißt es warten auf die genaue Auswertung der Funde, aber das Wissen um unsere Geschichte sollte uns der ganze archäologische Aufwand wert sein. Auch der „Ploimi“ läßt viel Raum für Spekulationen, wurde er geopfert, beerdigt, verscharrt, wurde sein „Grab“ beraubt und deshalb ohne Beifunde und die Lage seiner Überreste deshalb so angeordnet?

Resümee der Grabung: es wurde viel (Erde) bewegt, etliche interessante Funde gemacht – und auch ohne eindeutige Siedlungsspuren lässt sich sagen, dass am Holzweg in der mittleren Jungsteinzeit Menschen der Großgartacher Kultur (frühe Ackerbauern: etwa 4800 bis 4600 v .Chr.) ihre Spuren hinterlassen  haben, wie auch später in der Hallstattzeit (frühe Eisenzeit: 750  bis 450 v. Chr.) unsere keltischen Vorfahren.

 

Text und Bilder Regina Müller

Bearbeitet von Herbert Rachor

 
Eine Römische Siedlung

 

Die Hesselburg

ein Stückchen Erde, das Geschichte(n) erzählt

 

Dort, wo die Ausläufer des Odenwalds und des Spessarts aufeinander treffen und fruchtbare Äcker eine Mulde bilden, liegt der Bachgau. Seit frühester Zeit ein für die Landwirtschaft ertragreiches, besiedeltes, unwettergeschütztes Gebiet, welches die verschiedensten Funde aus vergangenen Tagen belegen. In den 70er Jahren fand sich in diesem Boden ein Gräberfeld aus der Merowingerzeit, jüngste Ausgrabungen beweisen, dass die kleinste Gemeinde des bayerischen Bachgaus schon 5000 v. Chr. bewohnt war.

Dass auf solch geschichtsträchtigem Boden Sagen und Erzählungen ranken, bleibt unvermeidbar. So existiert die Sage vom geizigen Grafen Berbach, der einst – so glaubte man – die Hesselburg, auch „Haselburg“ genannt, bewohnte, und den armen Bewohnern der umliegenden Dörfer nichts von seinem Reichtum abgeben wollte (Pfeifer, Spessart Sagen, Aschaffenburg o.J.).Eine andere Sage spricht von einem unterirdischen Gang, sowie einem Reiterpfad, die jeweils beide von der Hesselburg zur Breuburg im Odenwald geführt haben sollen (Pfeifer, Spessart Sagen, Aschaffenburg o.J.).

Jahre später fanden Bauern beim Pflügen  in dem für die Gegend typischen Lehmboden immer wieder Gesteine, die auf die „Burg“ aufmerksam machten. Auf Anregung des damaligen Besitzers Reinhold Stegmann, dem sehr viel daran lag, zu wissen, was sein Acker schließlich verbarg, wurde eine Grabung durchgeführt. Nach den Auswertungen aus den 70er Jahren kamen Fachleute allerdings zu einem völlig anderen Schluss als die Sagen erzählen: Die Burg ist ein Märchen, doch die Funde weisen auf eine römische Villa (rustica) hin. Die Nähe des Limes und die eingangs erwähnten Vorzüge des Siedlungsgebietes verstärken die Annahme, dass es sich bei diesem Fund letztendlich um eine Villa rustica handelt.

 

 

 

Römische Siedlungsstelle,

Flur Hesselburg auf der Höhe zwischen Pflaumheim und Mömmlingen


 

Die Funde und ihre Bedeutung für die Schloßäcker

Insgesamt wurden fünf Fundamente sowie eine Abfallgrube verortet, die sich über das Areal der Schloßäcker zogen. Ein römischer Denar, auf dem Kaiser Vespasian aufgeprägt war, Dachziegel, der Teil eines größeren Kugelbauchkruges, eine Vorratsurne, Keramikscherben, Terra Sigilata sowie weißlich bis grünliche Glasscherben runden den Fundus auf den Schloßäckern ab. Vermutlich war die vorgefundene Villa rustica bei Wenigumstadt ein landwirtschaftlicher Versorgungshof, der das acht Kilometer entfernte Kohortenkastell in Obernburg mit Lebensmitteln und Vieh versorgte. Das Ende ihrer Existenz fand die Hesselburg wohl in der Mitte des 3. Jahrhunderts n. Chr. anlässlich der alamannischen Limeseroberung durch ein verheerendes Großfeuer.

Es ist anzunehmen, dass im Raum zwischen dem heutigen Dieburg und Niedernberg/Großwallstadt etwa zehn Villae rusticae zu finden sind. Außerdem wurde das Gesamtbild auf der westlichen Seite des Untermains in römischer Zeit von fast drei Dutzend römischer Gutshöfe geprägt. Die römischen Kastelle am sogenannten „nassen Limes“ waren in Seligenstadt, Stockstadt, Niedernberg, Obernburg, Wörth, Trennfurt, Miltenberg und Miltenberg-Bürgstadt am nachgewiesenen Verlauf der Römerstraße zu finden.

 

 

Rekonstruktion Villa Rustica,

 

Allein diese zuletzt erwähnten Erkenntnisse zeigen nicht nur auf, dass die römische Villa rustica auf den Schloßäckern lediglich „eine von vielen“ am Untermain war. Vielmehr war das Areal Teil des gesamten ausgeprägten römischen Lebens, ganz besonders am Bayerischen Untermain, der für viele Archäologen heute zum „Vorzeigemodell“ des römischen Lebens geworden ist. Dass noch längst nicht alles über das Leben am Limes erforscht ist, zeigt die Tatsache, dass allein in Obernburg bei fast jedem Aushub für den Bau eines Gebäudes bedeutende römische Funde zutage treten, wie beispielsweise im Herbst 2014 das römische Bestattungsfeld mit seinen beiden noch erhaltenen Löwenstatuen am ehemaligen Krankenhaus. Diese Grabung und Dokumentation unter der Leitung des Obernburger Archäologen Dr. Alexander Reis erlangte überregional Aufsehen und breites Interesse, vor allem bei den Obernburger Einwohnern.

 

Beitrag von Julia Nagel

Bearbeitet von Herbert Rachor

 

 

Pflaumheimer Grabhügel

Schätze der Frühgeschichte

 

Pflaumheim ist mit dem frühesten schriftlichen Beleg über archäologische Ausgrabungen am Bayerischen Untermain verbunden. Schon 1787 wurden durch Jäger des Grafen Franz zu Erbach mehrere Grabhügel geöffnet, wobei einige Urnen gefunden wurden. Dies wurde durch die Beobachtungen eines Hirten bekannt und durch den Landeigner, das Aschaffenburger Viezedomamt zur Anzeige gebracht, das auch Anspruch auf die Funde erhob. Die beiden Jäger wurden gesucht und durch den Pflaumheimer Landschöffen vernommen. Die Funde konnten allerdings nicht mehr sichergestellt werden.

Diese Ermittlungen lieferten eine genaue Beschreibung der Fundstätte, an der der Landschöffe nun eine Nachgrabung durchführen ließ. Die Fundumstände und Funde, Urnen und auch Scherben mit römischen Inschriften sind erstaunlich genau beschrieben, so dass daraus gefolgert werden kann, dass die eindeutig vorgeschichtlichen Grabhügel ganz offensichtlich auch von römischen Nachbestattungen belegt waren.

Die Grabhügel waren schon von den Nachfahren der ersten steinzeitlichen Bauern zur Bestattung angelegt worden, um darin ihre Verstorbenen zu bestatten. Aus einem solchen Fundzusammenhang stammt vermutlich auch eine steinerne Streitaxt, die schon im ältesten erhaltenen Inventar des Aschaffenburger Museums von 1880 mit dem Fundort Pflaumheim verzeichnet ist.

An den Grabhügeln in den Pflaumheim Waldungen betätigte sich 1897/98 trotz Grabungsverbotes auch der Kommerzienrat Lang aus Würzburg. Seine zahlreichen Grabfunde der Urnenfelder- und Hallstattzeit aus über 25 Grabhügeln gelangten nach Würzburg. Ihm gebührt die zweifelhafte Ehre, gewissermaßen als erster Grabräuber Bayerns mit einem amtlichen Grabungsverbot belegt worden zu sein.

Dem Würzburger Kommerzienrat dürfte dieser Umstand sicher bekannt gewesen sein, er setzte seine Grabungstätigkeit unbeirrt fort. Aus einer von ihm 1902 unsachgemäß geborgenen Grabhügelbestattung stammt der reiche Schmuck einer Frau der Spätbronzezeit, der sich heute im mainfränkischen Museum in Würzburg befindet.

Dieser Fund und die illegale Grabungstätigkeit Langs führte dann dazu, dass Prof. Georg Hock, damals noch Assistent am Martin-von-Wagner Museum in Würzburg, die Ausgrabungen an den von Lang durchwühlten Grabhügeln im Pflaumheimer Gemeindewald fortsetzte. Mit der Gründung des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege gelang es Hock dann 1908 als Leiter der Zweigstelle Franken, private Grabungen im Pflaumheimer Gemeindewald zu unterbinden.

 




 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das  rekonstruierte Trachtenensemble mit Armspiralen, Beinbergen, Gürtelgehängen, Nadeln, Halsringen, Bernsteinkette und Kopfschmuck zeigt eine Reichhaltigkeit, wie sie sonst am Untermain nicht bekannt ist.

 

 

 

Quelle: Markus Marquart, Pflaumheim - Zur Archäologie eines frühmittelalterlichen Dorfes.
Aus der "Festschrift 1200 Jahre Pflaumheim", herausgegeben von Lothar Rollmann, 1994.
Bearbeitet von Herbert Rachor.
 


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